Geschichten vom Café ohne Namen, Perlenkette und veganfreier Wurst
Ein breiter Bogen von Literatur und Musik spannte sich über den Pfrondorfer Leseabend, den das Schwäbische Tagblatt mit dem Verein Das NETZ am 31. Juli 2024 organsiert hatte.
Bei den unsicheren Wetterprognosen erwies sich der Umzug vom Dorfplatz in das Musikzentrum als richtig. Spätestens das Donnern bei der zweiten Lesung ließ die etwas hohen Raumtemperaturen erträglicher scheinen. Herzlichen Dank an den Musikverein Pfrondorf, der dem NETZ dieses Ausweichquartier wieder zur Verfügung stellte.
Wie der Gelegenheitsarbeiter Robert Simon, statt Trägerarbeiten auf dem Markt zu übernehmen, seinen Weg zum eigenen Café bestreitet, davon las Tilla Keplinger. Sie hatte als erste Leserin im roten Sessel des voll besetzen Musikzentrums Platz genommen. Ausgewählt wurden von ihr die ersten Kapitel aus dem Roman „Das Café ohne Namen“ von Robert Seethaler. Genaue Beobachtungen einfacher Menschen mit unterschiedlichen Schicksalen aus dem Wien der Nachkriegszeit. Die Lesung animierte dazu, selbst den Roman weiterzulesen.
Begonnen hatte den Abend das Damentrio des Musikkabaretts DREIKLANG mit ihrem Mann am Klavier. Amüsant überraschende Texte auf Schwäbisch zu bekannten Melodien, von „Hit the Road, Jack“ bis zu „Der Mond ist aufgegangen“, umrahmten die Lesungen.
Dieter Möhrle nahm als zweiter Leser im Lesesessel Platz. Er hatte sich, als Jurist nicht zu verwunderlich, für die Geschichte „Tennis“ aus Ferdinand von Schirachs Band „Strafe“ entschieden. Von Schirach, lange Jahre als Strafverteidiger tätig, geht in „Tennis“ der Frage nach, ob das Ablegen einer Perlenkette auf einer Treppenstufe, die einen tragischen Sturz nach sich zieht, strafbar ist. Für die Zuhörer war nach dem offenen Ende von „Tennis“ der Umstieg in Dieter Möhrles zweite Geschichte nicht einfach. Doch die Erzählung der Erlebnisse einer fränkischen Landmetzgerei mit der Ausschilderung einer veganfreien Wurst brachte das Publikum rasch zum Lachen. Horst Evers Texte aus „Wer alles weiß, hat keine Ahnung“ sind humorvoll, regen aber auch zum Nachdenken an.
Den Abschluss des Abends setzte DREIKLANG mit einer lautstark geforderten Zugabe, bevor die Zuhörer beim Verlassen des Saales die frische Luft des einsetzenden Regens genossen. Beim Rundlauf des Sammelhutes hatten sie sich großzügig gezeigt und diesen mit 354 € für Das NETZ gefüllt. Danke.